Vorwort

Seit Ende der 1980er Jahre arbeitet Anna Anders mit Video als künstlerischem Ausdrucksmittel: Entstanden sind zunächst kurze Filme für Monitorarbeiten und seit Anfang der 1990er Jahre zunehmend Video-Objekte, raumbezogene Projektionen und Installationen.

Die farbenfrohen Aufnahmen voller Humor und Einfallsreichtum wirken uninszeniert und kommen häufig mit nur einer Kameraeinstellung aus. Und doch handelt es sich hier um bis ins kleinste Detail, bis in jedes einzelne Requisit höchst präzise choreografierte Bilder. Diese zeigen meist Aktionen in Realzeit, beispielsweise alltäglichen Rituale oder auch Marotten, die jeder von uns an sich kennen mag. Sauberkeitsrituale, Körperpflege oder –ertüchtigung mögen hier als Beispiele dienen.

Die Protagonisten der Performances und Inszenierungen stammen meist aus dem näheren Umfeld der Künstlerin. Die Rollen entwickeln sich in enger Zusammenarbeit. Inhaltlich geht es um das Wecken und Enttäuschen von Erwartungshaltungen, um Verführung und Entlarvung und um das Verhältnis von Sehen und Gesehen-Werden.

Oft blicken die Akteure direkt in die Kamera und werden in Lebensgröße projiziert. Der Besucher steht ihnen von Angesicht zu Angesicht auf Augenhöhe gegenüber. Schnell fühlt er sich selbst von ihnen beobachtet, und egal wohin er sich bewegt, von ihren Blicken verfolgt. Die Handlungen und Bemerkungen der Darsteller richten sich oftmals direkt an den Betrachter. Diese Unmittelbarkeit, und Unvermitteltheit, irritiert und erweckt den Eindruck von Interaktivität. Der Betrachter fühlt sich in die Handlung mit einbezogen und ist somit Teil der Installation. Hier wird der Begriff „Projektion“ in all seinen Bedeutungen reflektiert.

Das verwirrende und subtile, hintergründige Spiel mit Täuschungen und Illusionen findet sich bei Anna Anders auch in anderer Form. So nutzt sie in einigen Arbeiten die Projektionsfläche selbst als Ebene, auf der sich reale und virtuelle Welt begegnen und überlappen. Es dienen dann nicht nur weiße (Lein-)Wände als Projektionsfläche, sondern auch Glas, Wasser, Sand, Vorhänge, Jalousien, oder – eine Badewanne, ein Waschbecken und ein Katzenklo. Ähnlich wie bei einer Trompe-l’oeil-Malerei lässt sich dabei nicht klar unterscheiden, welche die projizierte und welche die reale Oberflächenstruktur ist.

Gabriele Rivet, 2011

Biographie

geboren in München
seit 1986 künstlerische Arbeit mit Video (Filme und Installationen)
lebt seit 2005 in Berlin

Werdegang

2005 – 2022 Professorin für die Gestaltung des bewegten Bildes an der Universität der Künste Berlin, Fakultät Gestaltung
2004 – 2005 Lehrauftrag an der Bauhaus-Universität Weimar, Fachbereich Visuelle Kommunikation
2003 – 2004 künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeit im Rektorat der Kunsthochschule für Medien Köln
2001 – 2002 Mitbegründung der Medienkunst-Agentur art2b, Köln
1997 – 2001 künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeit an der Kunsthochschule für Medien Köln, Fächergruppe Medienkunst
1995 – 1997 freie Videoproduktionen für diverse kulturelle Einrichtungen (Bundeskunsthalle Bonn, Kölner Oper, u.a.)
1992 – 1995 Postgraduiertenstudium an der Kunsthochschule für Medien Köln im Bereich Medienkunst
1989 – 1992 redaktionelle Mitarbeiterin beim Bayerischen Rundfunk-Fernsehen in der Kulturredaktion
1980 – 1986 Studium an der Akademie der Bildenden Künste München

Auszeichnungen

2002
lobende Erwähnung des Verbandes der deutschen Filmkritik für Video "Schlag auf Schlag", anlässlich des European Media Art Festival Osnabrück

1998
Anerkennung der COMTECart Dresden für "Touchscreen"

  1. Marler Video-Installations-Preis für "Touchscreen"

1996
lobende Erwähnung des 7. Marler Video-Kunst-Preises für "Shower", verbunden mit einem vierwöchigen Stipendium an der Kunsthochschule für Medien Köln

1992
Projektförderstipendium der Landeshauptstadt München für "Schützen schießen"

1991
Bayerischer Staatsförderpreis für Videokunst